Gut besuchtes Investorengespräch

Über 140 Personen aus der hiesigen Immobilienbranche haben am 19. Basler Investorengespräch teilgenommen. Der Anlass gehört zu den wichtigsten alljährlichen Anlässen der Branche. Organisiert wird das Treffen von der Kantons- und Stadtentwicklung (KSTE). Das Interesse war dieses Jahr noch grösser als sonst. Grund dafür dürfte das Thema gewesen sein: Der neue Basler Wohnschutz.

Auf einem Podest stehen 8 Personen. Regierungsvizepräsident Lukas Engelberger hält in dem Moment seine Rede.
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Seit Mitte 2022 ist der neue Basler Wohnschutz in Kraft. Er regelt – grob vereinfacht - wie stark Haus- und Liegenschaftseigentümer die Mieten nach Umbau oder Abbruch erhöhen dürfen. Der Kanton hat den Wohnschutz nach Annahme einer entsprechenden Volksinitiative eingeführt, zu der im Jahre 2021 57% der Stimmberechtigen Ja gesagt hatten. Lanciert hatte das Volksbegehren der Mieterinnen- und Mieterverband.

Lukas Engelberger: Vertrauen schaffen

An diesen Volksentscheid erinnerte auch Regierungsvizepräsident Lukas Engelberger in seinem Begrüssungsreferat. Er sagte, die Regierung habe im Abstimmungskampf vor möglichen negativen Folgen auf den hiesigen Immobilienmarkt gewarnt. Trotzdem habe die Bevölkerung das Volksbegehren klar angenommen, was für die Regierung ein bindender Auftrag gewesen sei, diesen auch umzusetzen. Man nehme jetzt aber auch den Unmut der Immobilienbranche zur Kenntnis, und dass im Grossen Rat fünf Parlamentarierinnen und Parlamentarier Vorstösse eingereicht haben, die den Wohnschutz wieder ändern möchten.

Engelberger redete der Investorengemeinde aber auch ins Gewissen: «Der Grund, warum das Stimmvolk für einen stärkeren Wohnschutz gestimmt hat, war Verunsicherung: Kann ich mir meine Wohnung in fünf bis zehn Jahren noch leisten? Dieses Vertrauen müssen Sie den Mieterinnen und Mietern wieder geben.»

Unklare Situation

Regula Berger, stellvertretende Vorsitzende in der Konzernleitung der Basler Kantonalbank (BKB) und Leiterin kommerzielle Kunden, sagte, ihre Bank verzeichne seit dem Jahr 2022, also seit Inkraftreten des Wohnschutzes, einen Rückgang bei den Baukrediten für SANIERUNGEN von ca. 80%. Aus der gesamten Nordwestschweiz habe es im 2023 aber drei Mal mehr Sanierungsanfragen gegeben. Und Wohnbaugenossenschaften in Basel-Stadt, die dem Wohnschutz nicht unterstellt sind, hätten gar sieben Mal mehr Sanierungsanfragen gestellt gegenüber anderen Kategorien. Gleichzeitig sei das Volumen für Kaufkredite für Mehrfamilienhäuser deutlich höher ausgefallen als 2021.

Komplexe Gemengelage

Berger betonte, der Rückgang bei den Sanierungsanfragen könne nicht einfach auf den Wohnschutz zurückgeführt werden. Die Zinsen seien zeitgleich ebenfalls stark angestiegen, die Bauteuerung sei in Basel besonders hoch ausgefallen. Das seien alles Faktoren, die ebenfalls auf den Markt eingewirkt hätten.

Die BKB hat auch festgestellt, dass sich institutionelle Investoren, also vor allem Pensionskassen, aus dem Basler Immobilienmarkt zurückgezogen haben, da für sie die Renditeerwartungen wegen des Wohnschutzes zu tief ausfallen. Diese Immobilien seien aber sehr schnell von anderen Investorinnen und Investoren aufgekauft worden, die auch mit einer tieferen Rendite zufrieden sind.

Baloise: kompletter Sanierungsstopp in Basel

Munzur Halis, Leiter Portfogliomanager bei der Baloise, bestätigte, dass seine Gesellschaft sämtliche Sanierungsvorhaben in Basel gestoppt habe. Die Baloise brauche eine Rendite von zwei bis vier Prozent, um die Rentenansprüche ihrer Versicherten in der 2. Säule finanzieren zu können. «Was wir mit den Immobilien verdienen, sind Ihre Renten von morgen», rief er in den Saal. Mit dem aktuellen Wohnschutzgesetz seien diese Renditen aber nicht zu erreichen. Deshalb der Sanierungsstopp.

Verunsicherung in Architekturkreisen

Simon Frommenwiler, Architekt und Vorsitzender des Bundes Schweizer Architektinnen und Architekten BSA stellte eine Umfrage vor, die seine Organisation im Hinblick auf das Investorengespräch durchgeführt hatte. «Da zeigt sich klar, dass wegen des Wohnschutzes grosse Verunsicherung herrscht». Vor allem jüngere Mitglieder hätten durchaus Sympathien für einen Wohnschutz. So wie er ausgestaltet sei mit sehr vielen neuen Regeln, noch mehr Bürokratie für Baugesuche, fände er aber keine Zustimmung. Man verstehe auch nicht, weshalb Baugenossenschaften von den Wohnschutzbestimmungen ausgenommen seien und daher weniger Regeln einhalten müssen als alle anderen Bauwilligen.

Das Lobbying der Immobilienbranche

Andreas Zappalà, Grossrat und Geschäftsführer des Hauseigentümerverbandes (HEV) sagte, sein Verband habe ein Jahr lang zugeschaut, wie sich der Wohnschutz entwickle und sich dann überlegt, wie dieser umgestaltet werden müsse, damit er den Interessen seiner Mitglieder nicht zuwiderlaufe. Er habe dann fünf Grossratsmitglieder gesucht, welche die HEV-Vorschläge als Vorstösse ins Parlament tragen würden. Es sei alles andere als sicher, dass diese auch umgesetzt würden, da die parlamentarischen Vorstösse nur mit sehr wenigen Stimmen Vorsprung an die Regierung überwiesen worden seien. Zappalà sagte auf Nachfrage, er sehe kein Problem, dass sein Verband nur kurze Zeit nach Annahme der Initiative «für einen echten Wohnschutz» diesen wieder umbauen möchte. Es dauere ohnehin bis zu fünf Jahren, bis allfällige Änderungen vollzogen seien.

Schnellere Behandlung von Baugesuchen

Ein Vorwurf aus der Immobilienbranche ist die lange Dauer für die Behandlung von Baugesuchen. Esther Keller, Vorsteherin des Bau- und Verkehrsdepartement (BVD), sagte, nach der Pandemie hätten etliche Mitarbeitende das Bewilligungswesen verlassen. Gerade mal drei Mitarbeitende seien verblieben. Das habe zu einem Stau bei den Baubewilligungen geführt. Unterdessen seien die Pendenzen aber abgebaut. Aber es sei klar, mit dem Wohnschutz seien zusätzliche Regeln dazu gekommen, die das Bauen nicht vereinfachten. Ihr Amt sammle nun Fälle, die aus irgendwelchen Gründen zu lange liegen geblieben seien. Damit wolle man herausfinden, wie man solch «gestrandete Fälle» verhindern könne.

Weniger Druck bei Staatsliegenschaften

Dem Kanton gehören 2103 Wohnungen, das sind rund zwei Prozent des gesamten Wohnungsbestandes in der Stadt. Finanzdirektorin Tanja Soland sagte, man sei natürlich auch betroffen von den Regeln des Wohnschutzes. Allerdings stehe man nicht unter dem gleichen Renditedruck wie Pensionskassen. Ihre Sorge sei, dass wegen des Rückzugs der Pensionskassen der Ruf lauter werde, der Kanton solle vermehrt deren Liegenschaften aufkaufen. Da sei sie eher skeptisch, zumal damit auch die Forderung verbunden sei, diese dann günstiger weiterzugeben.

Kaum Fragen aus dem Publikum

Obwohl das Thema Wohnschutz die Gemüter bewegt, gab es an diesem Anlass nur gerade eine einzige Frage aus dem Publikum.

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